
Wir haben gerade keine Zeit für das übliche Getue. Damit meine ich nicht nur die Parteien, sondern auch alle Schlaumeier in allen Medien, von der Zeitung bis Telegram.
Die gigantischen Aufgaben, vor denen wir stehen, können wir nicht aus der Wechselgeldkasse zahlen. Jetzt zu investieren ist nötig und kostet viel, viel Geld. Aber jetzt nicht zu investieren, kostet uns eine gute Zukunft.
Das hat nun auch die Union begriffen, und ja, vor der Wahl haben die ganz andere Dinge von sich gegeben. Aber wenn sie jetzt einsehen, was die SPD seit Jahren fordert, dann ist das vielleicht spät, aber eben nicht falsch! Und deswegen sind auch all diese neunmalklugen „Im Wahlkampf habt Ihr noch“-Kommentare so falsch wie noch nie. Ja, wir konnten uns eine Zusammenarbeit mit Friedrich Merz nicht so gut vorstellen. Aber jetzt stimmt der Mann Krediten zu und einem gigantischen Investitionspaket. Er redet nicht mehr über geschlossene Grenzen und nicht mehr über deutsche Alleingänge in der Sicherheitspolitik. Sollen wir stur bleiben, wenn er es nicht mehr ist?
Und genau das sollte eigentlich auch für die Grünen gelten: VOR der Wahl haben wir gemeinsam die Union angefleht, aus der Schuldenbremse keine Zukunftsbremse zu machen, endlich Geld in die Hand zu nehmen, endlich Abhilfe zu schaffen. Das kann doch NACH der Wahl nicht plötzlich falsch sein – wenn die Union dem nun auch noch zustimmt?
Ich muss jetzt noch nicht einmal von der Verantwortung demokratischer Parteien anfangen. Wir alle sehen, wo in unserem Land Brücken bröseln und Züge liegenbleiben, wo schnelles Internet fehlt und Wasserstoff noch reine Utopie ist. Und wir wissen, dass wir uns für unsere Sicherheit nicht mehr allein auf die Vereinigten Staaten verlassen können – und das mit einem aggressiven Diktator vor Europas Haustüre, der mit Atomwaffen rasselt.
Was CDU und SPD in Berlin bisher auf den Tisch gelegt haben, hat endlich die nötigen Dimensionen für diese Probleme. Und nein, diese fast eine Billion Euro sind kein „Koalitionskitt“ und kein „Spielgeld für Lieblingsprojekte“. Es ist das, was unser Land jetzt so dringend braucht. Brücken kann man nicht instandlabern, das kostet Geld.
Geld braucht auch der Klimaschutz. Und das kann er auch bekommen. Ich darf da nur Ministerpräsident Kretschmann zitieren: Wenn unsere Städte richtig viel Geld für ihre Wärmenetze bekämen, wäre das ein Konjunkturprogramm, eine Entlastung der Kommunen und eine gigantische Investition in den Klimaschutz. Da hat er Recht!
Umso mehr hoffe ich auf Einsicht bei den Grünen im Bund. Sie haben vernünftige Vorschläge vorgelegt. Nun müssen sie nur noch mit sich reden lassen und dann einem Investitionspaket zustimmen, das sie selbst seit Jahren gefordert haben. Ja, der Söder aus Bayern nervt mit seinem Grünen-Bashing, aber das darf doch nicht so wichtig sein, oder?
Und ich hoffe auf Einsicht bei der Landesregierung von Baden-Württemberg. Der grüne Ministerpräsident redet von einem „Investitionsstau“, die Wirtschaftsministerin von der CDU sagt, der gigantische Investitionsbedarf sei doch „unumstritten“. Auf diese Einsicht muss dann aber auch die Besserung folgen: Seit Jahren fordern wir als SPD Investitionsprogramme des Landes, wollen einen Staat, der nicht um die schwarze Null tanzt, sondern Probleme löst. Und immer hieß es, es sei halt kein Geld da und so weiter und so fort. Aber was Friedrich Merz schafft, schafft sicher auch ein Winfried Kretschmann. Wir sind uns doch eigentlich einig, oder?