Wir müssen nicht lange drumherum reden: Mit den jüngsten Entscheidungen zur Migrationspolitik hat es sich die SPD nicht leicht gemacht.
Die Sozialdemokratie ist eine Bewegung, die hilft und helfen will. Gerade den Schwächeren und den Schwächsten. Und unsere Grundhaltung zum Recht auf Asyl, zu den Rechten Schutzsuchender ist eindeutig.
Doch gerade weil wir helfen wollen, können wir die Probleme nicht mehr übersehen: Die Zahl der Menschen, die in unser Land kommen, übersteigt die Möglichkeiten, die wir haben. Es wäre schön, wenn das anders wäre, aber die Rückmeldungen aus den Landkreisen und Städten, auch die Rückmeldungen von ehrenamtlich Helfenden, sind eindeutig: Wir stoßen an die Grenzen. Und zwar auch, weil sich in Afrika, aber auch in Asien eine kommerzielle Schleuserbranche entwickelt hat, die Menschen ein Vermögen aus der Tasche zieht, um sie auf lebensgefährlichen Wegen in die EU zu bringen. Auch Menschen, die von vorneherein wissen, dass sie hier keine Zukunft haben.
Die SPD-geführte Bundesregierung hat gehandelt, sie hat auf die Notrufe aus dem Land reagiert, und sie hat sich zusammen mit den Bundesländern auf Änderungen verständigt, die einem ganz einfachen Prinzip folgen: Wenn wir weiter helfen wollen, müssen wir stärker unterscheiden, wer unsere Hilfe braucht und wer nicht. Humanität braucht Ordnung, sonst zerreiben wir sie.
Ist die SPD damit rechts abgebogen? Ich glaube, die allermeisten von uns haben sich diese Frage schon selbst gestellt. Und genau deswegen hoffe ich, dass wir eben nicht rechts abgebogen sind. Gerade weil es uns schwer fällt, gerade, weil wir helfen wollen. Gerade, weil es ziemlich lange gedauert hat, bis wir uns als Partei durchgerungen haben.
Und weil es uns um die Sache geht und nicht um Stimmenfang. Wie das aussehen würde, machen uns viele in der Union vor. Schon am Morgen nach der Einigung zwischen Bund und Ländern meckerten die ersten schwarzen Politiker los – bizarrerweise sogar Ministerpräsidenten, die wenige Stunden zuvor der Einigung zugestimmt hatten. CDU-Chef Friedrich Merz, der mit allerlei Unfug („Geflüchtete lassen sich die Zähne richten“) ja schon öfter die Angel weit in den AfD-Teich geworfen hat, probierte es gleich weiter, und die CDU in Baden-Württemberg tut es ihm nach: Fast schon im Wochentakt haut CDU-Justizministerin Gentges steile Thesen zur Migration raus, die reine Platzpatronen sind. Ja, man kann schon fordern, auch nach Syrien abzuschieben, es wird halt nur an den Gerichten scheitern. Und auf dem Parteitag hat die Südwest-CDU jetzt ihre Vision vorgelegt, das individuelle Recht auf Asyl ganz abzuschaffen und Geflüchtete komplett in Drittländern zu versorgen. Die CDU wird selbst wissen, dass das Mumpitz ist. Sie denkt aber wahrscheinlich, dass das einigen AfD-Wählern schmeckt.
Mich besorgt das sehr, denn die Stimmungsmache ist enorm und seit dem Abschied von Angela Merkel ist die CDU schon ganz schön nach rechts gedriftet. Und in Baden-Württemberg rufen die Schwarzen jetzt ständig nach der „Kehrtwende“.
Genau das beweist aber auch, dass die SPD es eben ganz anders macht: Wenn wir gerade am Steuer drehen, dann nur, damit wir auf humanitärem Kurs bleiben können.