Stochblog

Das Maß ist voll

Auf dem Parteitag der Landes-SPD in Heilbronn habe ich das auch schon gesagt, aber für alle, die weder dort waren noch den Parteitag im Netz verfolgten, sage ich das gerne noch einmal: Die von Olaf Scholz angeführte Bundesregierung aus SPD, Grünen und FDP hat in der ersten Hälfte dieser Legislatur eine Menge gute Arbeit geleistet. Das kann man messen, das kann man nachweisen. Und wer sich nicht völlig in die Tasche lügt, muss zugeben: Im Jahr 2022 lag die Nation über Monate in heller Panik über einen eiskalten und finsteren Winter ohne russisches Gas. Keine der vielen, vielen Horrorvisionen wurde wahr, die Bundesregierung hat das verhindert. Mit einem Kraftakt. Mit Mut. Und mit Erfolg.

Aber wer sich nicht völlig in die Tasche lügt, sieht auch: All diese immer ordentliche, oft gute und hier und da auch sehr gute Arbeit fällt nicht besonders auf. Das Bild, dass die Ampel in der Öffentlichkeit bietet, ist ein Bild fortwährenden Knatschs und ständigen Unfriedens, besonders unter den beiden kleineren Partnern. Und es ist ein schlechtes Bild.

Die SPD ist wahrscheinlich die tapferste Koalitionspartnerin, die es gibt. Weil Sozialdemokratie pragmatisch ist, weil wir lieber einen als spalten, weil wir wissen, dass es Kompromisse braucht, damit Politik funktioniert. Und ja, lange haben wir gedacht, wir könnten Anderen in der Koalition einfach vormachen, wie es geht. Wenn die wieder mal öffentlich Porzellan an die Wand warfen, hat die SPD nach Außen die Fassung bewahrt und nach Innen die Spielregeln erklärt. Wieder und wieder.

Aber wir können als SPD in Berlin To-Do-Listen abhaken so viel wir wollen. Niemand wird in uns die Problemlöser erkennen, die wir sein wollen, wenn die Wahrnehmung der Bundesregierung im Land so massiv von den Keilereien von Grünen und vor allem der FDP bestimmt wird.

Und es wird auch da Zeit, dass wir uns hinstellen und auch mal auf den Tisch hauen. Ich sage ganz offen: Das Maß ist voll.

Wir als SPD haben es zwei anderen Parteien ermöglicht, mit uns eine Bundesregierung zu bilden. Das nennt man eine Koalition, und in der arbeitet man zusammen. Wer das mit einem parteipolitischen Flohzirkus verwechselt, hat etwas ganz, ganz falsch verstanden. Und wer seine Profilneurose gar nicht mehr bremsen kann, dem hilft kein Koalitionsausschuss, sondern nur noch eine Kur.

Hier muss ganz schnell allerhand passieren. Und zwar nicht nur, weil das dauernde Gestänkere von Innen dieser Bundesregierung wirklich an die Substanz geht. Wir erleben auch, wie all die Probleme unserer Welt denen Auftrieb geben, die die ganz simplen Lösungen versprechen. Die Einheimische gegen Migranten ausspielen wollen, Deutschland gegen Europa, Arm gegen Reich, Ost gegen West. Gegen diesen Populismus braucht es eigentlich eine Koalition aller demokratischen Parteien. Eine Koalition derer, die unser Land nicht spalten, sondern zusammenhalten wollen.

Aber dafür brauchen wir erst einmal eine Koalition, die sich selber zusammenhalten kann. Wir verlieren Zeit. Und ich verliere langsam die Geduld.