Die Arbeit geht erst los

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Die Arbeit geht erst los

Das hat es wohl auch noch nicht gegeben in der Geschichte dieses Landes: Einer neuen Bundesregierung, die es noch gar nicht gibt, gelingt ein gewaltiger Schritt für unser Land noch vor ihrer eigenen Bildung, gemeinsam mit einer künftigen Oppositionspartei im (alten) Bundestag und einer weiteren Oppositionspartei im (nicht alten) Bundesrat. Und obwohl die erbitterten Gegner des Finanzpakets immer schriller schäumen, während sie mit Klagen und Einsprüchen scheitern, tönen ausgerechnet diese Gegner, nun sei das Regieren ja quasi zum Kinderspiel geworden: „Mit so viel Geld, das man zum Fenster rauswirft.“

Nun muss also ausgerechnet ich während aller Freude über die Entscheidungen im Bundestag und im Bundesrat, während aller Erleichterung über die abgewiesenen Klagen und während meiner Teilnahme an den Koalitionsgesprächen in Berlin den Jubel dämpfen: Nein, es wird gar nichts kinderleicht werden. Und die Arbeit geht jetzt erst richtig los.

Die Anhänger des Sparschwein-Kults haben den Unterschied zwischen einem privaten und einem öffentlichen Haushalt noch nie begriffen. Das macht ihre Vergleiche mit „schwäbischen Hausfrauen“ so griffig und medientauglich, doch es macht sie nicht weniger falsch. Es wird so getan, als gehe der Staat jetzt zur Bank, hole sich dort mehr als eine halbe Billion Euro ab und mache dann Urlaub damit. Was für ein Unsinn!

Was Bundestag und Bundesrat beschlossen haben, ist lediglich die Möglichkeit, dringend nötige Investitionen auf Kredit zu bezahlen. Und auch hier geht es nicht um einen Privathaushalt, sondern um den Staat, um eine ganze Nation. Es gibt keinen Supermarkt, in dem Deutschland sich neue Brücken kaufen kann oder Wasserstoffpipelines. Wir müssen erst mal jemanden finden, der uns das bauen kann. Selbst in der Rüstungsindustrie wissen viele noch gar nicht, wie sie in diesen Dimensionen liefern sollen.

Mit der Reform der Schuldenbremse ist eine ganz wichtige Blockade beseitigt, sind endlich die Möglichkeiten gegeben, dieses Land aus dem Investitionsstau zu führen. Doch damit das gelingt, müssen wir das Land auch aus dem Reformstau bringen. Es ist dämlich, wenn behauptet wird, diese nötigen Reformen würden mit viel Geld „zugekleistert“. Im Gegenteil: Damit dieses Geld auch Wirken kann, brauchen wir die Reformen noch mehr als zuvor!

Vielem von dem, was Ministerpräsident Kretschmann bei der Abstimmung im Bundesrat sagte, kann ich durchaus zustimmen. Wir müssen viele Zuständigkeiten entwirren, unser Staatsgefüge darf nicht dauernd über die eigenen Füße stolpern. Der Ministerpräsident meinte damit das Verhältnis von Bund und Ländern, wir sollten ihn aber auch beim Wort nehmen, wenn es hier in Baden-Württemberg um das Verhältnis von Land und Kommunen geht.

Und hier in Baden-Württemberg sollten wir auch die Landesregierung beim Wort nehmen, die jetzt richtigerweise dem Finanzpaket zustimmte. Das schafft auch Milliarden-Möglichkeiten für das Land und unsere Kommunen. Diese Freiheiten müssen wir nutzen. Klug und bedacht und nachhaltig. Und gemeinsam. Gemeinsam mit unseren Kommunen, gemeinsam mit den Fachleuten im Land. Und gemeinsam mit allen Demokratinnen und Demokratinnen, die diese dringend möglichen Freiheiten ermöglicht haben. Wir reden über Dimensionen, die jeden üblichen Rahmen sprengen, auch die üblichen zeitlichen Rahmen. Investitionen dieser Tragweite und Wichtigkeit überdauern viele Legislaturperioden und müssen auch Wahlen überstehen, die durchaus zu Farbenwechseln in der Landesregierung führen können.

In diesem Sinne: Ich hoffe, wir verhandeln in Berlin gute Ergebnisse, die zu einer neuen Bundesregierung führen. Ich hoffe aber auch, dass Grüne und CDU in Baden-Württemberg endlich begriffen haben, was für unsere Zukunft auf dem Spiel steht und in welchen Dimensionen wir endlich anpacken müssen. Und dann würde das Verhandeln in Stuttgart weitergehen. Die Arbeit fängt erst an, und wir haben viel zu tun.

 

Neues Geld und alte Märchen

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Neues Geld und alte Märchen

Neues Geld und alte Märchen

Seit Jahren erzähle ich davon, wie sehr es mich ärgert, wenn man in Berlin, Frankfurt oder München über die „schwäbische Hausfrau“ erzählt, die angeblich nie mehr ausgibt, als sie gerade im Geldbeutel hat. Was für ein Schmarrn! Wenn es einer schwäbischen Hausfrau in die Stube regnen würde, würde sie das Dach sanieren – und dafür eben auch einen Kredit aufnehmen. Alles andere wäre nicht sparsam, sondern schwachsinnig. Und schwäbische Hausfrauen sind clever. Ich wurde selbst von einer großgezogen.

Noch dümmer werden diese Märchen, wenn es um Investitionen geht. Jeder Unternehmer weiß, dass man hier nicht Geld aus dem Fenster wirft, sondern es anlegt. Geld aufnehmen für eine neue Fabrikhalle mit neuen Maschinen? Natürlich, denn dann macht die Firma ja auch mehr Umsatz und mehr Gewinn!

Ich schreibe das, weil in diesen Tagen das größte Investitionspaket auf den Weg gebracht werden soll, das die Bundesrepublik je gesehen hat. Und manchen Leuten fallen auch hier wieder nur die ganz alten Märchen ein.

„Wer soll das bezahlen?“ Ich frage einfach mal andersrum: Wer soll es bezahlen, wenn wir jetzt nichts unternehmen? Jeder sieht, wo in Deutschland Brücken bröseln, wo Infrastruktur fehlt vom schnellen Internet über die Stromtrassen bis zum Wasserstoff. Wir sehen, wo es uns beim Erreichen der Klimaziele fehlt, wo Milliarden für eine ordentliche Eisenbahn fehlen. Wir sehen, wie dringend wir Wohnungen bauen müssen… Und auch einen Diktator wie den russischen Präsidenten schrecken wir nicht mit einer schwarzen Null ab.

Noch mehr olle Märchen: Von „Klientelpolitik“ lese ich und von „Wahlgeschenken“. Was sollen die Phrasen? Es bringt doch nicht nur SPD-Wählerinnen was, wenn eine Brücke nicht einstürzt. Und bitte nicht vom „Koalitionskitt“ faseln. Endlich, endlich Geld in die Hand zu nehmen, um dieses Land zu reparieren, wieder gut aufzustellen, es sicher und zukunftssicher zu machen – das ist kein Kitt und keine Deko – das ist die Substanz der ganzen Sache. Das ist, was Deutschland jetzt endlich braucht.

Und wer rechnen kann, muss es nicht lange tun, um eines zu begreifen: Ja, Einsparen ist schön und gut und toll, aber die Summen, die wir jetzt brauchen, könnten wir in 50 Jahren nicht zusammensparen. Das Dach ist undicht, die Bude brennt, und wir müssen JETZT handeln. Und apropos Sparen: Sparen kann man sich auch die altklugen Kommentare, man müsse halt besser priorisieren. Soll also lieber die Brücke einstürzen oder lieber der Strom ausgehen? Machen wir lieber die Schule zu oder das Krankenhaus? Sparen wir lieber am Klimaschutz oder an den Kitas oder an der Polizei? Nur ganz kurz nachdenken hilft.

Hilfreich ist es auch, sich zu erinnern: Deutschland hat keinerlei Schuldenproblem, fast alle anderen europäischen Länder haben viel mehr Kredite aufgenommen und versinken in keinem Höllenschlund. Was Deutschland hat, ist ein Investitionsstau – und mit das mieseste Wirtschaftswachstum weit und breit. Allein das kostet Hunderte Milliarden. Jedes Jahr.

Und Investitionen sind eben KEIN rausgeworfenes Geld. Nicht einmal bei dem, was man „klassische SPD-Politik“ nennt. In der Corona-Pandemie hat Arbeitsminister Hubertus Heil so viele Milliarden für das Kurzarbeitergeld locker gemacht, für die Sicherung hunderttausender Arbeitsplätze. Und wie groß war das Geschrei aus den Reihen des Schwarznull-Kults! Nur: Deutschland kam wirtschaftlich viel, viel besser aus der Pandemie als die meisten anderen Länder der EU, und das Geld hatten wir über die höheren Steuereinnahmen schnell wieder drin. Schon vergessen?

Wir haben eine Weltlage wie seit Menschendenken nicht, Probleme und Herausforderungen wie noch nie in der Geschichte der Bundesrepublik. Das fordert uns, das zwingt uns zum Handeln, und wir werden das nicht nur mit Geld alleine bewältigen. Aber wir werden es eben auch nicht ohne Geld bewältigen. Ohne viel Geld, sehr viel sogar.

Wir können, wir müssen reden über dieses neue Geld. Aber bitte nicht mehr über die alten Märchen.

 

Wir sind uns doch einig, oder?

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Wir sind uns doch einig, oder?

Wir haben gerade keine Zeit für das übliche Getue. Damit meine ich nicht nur die Parteien, sondern auch alle Schlaumeier in allen Medien, von der Zeitung bis Telegram.

Die gigantischen Aufgaben, vor denen wir stehen, können wir nicht aus der Wechselgeldkasse zahlen. Jetzt zu investieren ist nötig und kostet viel, viel Geld. Aber jetzt nicht zu investieren, kostet uns eine gute Zukunft.

Das hat nun auch die Union begriffen, und ja, vor der Wahl haben die ganz andere Dinge von sich gegeben. Aber wenn sie jetzt einsehen, was die SPD seit Jahren fordert, dann ist das vielleicht spät, aber eben nicht falsch! Und deswegen sind auch all diese neunmalklugen „Im Wahlkampf habt Ihr noch“-Kommentare so falsch wie noch nie. Ja, wir konnten uns eine Zusammenarbeit mit Friedrich Merz nicht so gut vorstellen. Aber jetzt stimmt der Mann Krediten zu und einem gigantischen Investitionspaket. Er redet nicht mehr über geschlossene Grenzen und nicht mehr über deutsche Alleingänge in der Sicherheitspolitik. Sollen wir stur bleiben, wenn er es nicht mehr ist? Weiterlesen

Nach der Wahl

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Nach der Wahl

Es ist mir egal, wenn das Leute außerhalb der SPD nicht interessiert: An erster Stelle möchte ich mich von Herzen bei allen bedanken, die in diesem Wahlkampf überall im Südwesten für die SPD geworben, gestritten, gekämpft haben. Ich bin kreuz und quer durchs Land gefahren, und immer habe ich Genossinnen und Genossen getroffen, die sich wochenlang mit Leib und Seele ins Zeug gelegt haben, auch wenn alle wussten, wie die Chancen stehen. Das war ganz großartig, das bleibt ganz großartig, und ich bin stolz, in so einer Partei zu sein. Danke Euch allen!

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Bevor wir wählen gehen…

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Bevor wir wählen gehen…

Gestern hat mich jemand gefragt, wer meiner Meinung nach im März Bundeskanzler ist. „Olaf Scholz“ habe ich gesagt. Und da bin ich mir sicher. Absolut sicher.

Ich musste es auch gestern erklären: Bei einer Bundestagswahl wird der Bundestag gewählt, nicht aber die Bundeskanzlerin oder der Bundeskanzler. Die Parteien zählen ihre Abgeordneten durch, beginnen Sondierungen, verhandeln über Koalitionen, besprechen dann Regierungsprogramme, verteilen die Ministerien. Die vergangene Bundestagswahl fand am 26. September 2021 statt. Bundeskanzler wurde Olaf Scholz aber erst am 8. Dezember. Zweieinhalb Monate, in denen Angela Merkel auch nach der Wahl die Regierung führte. Weiterlesen